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Über das Porträt
Grundsätzlich interessiert mich die Persönlichkeit eines Menschen mehr als seine Oberfläche. Ich mag ein vom Leben geprägtes Gesicht. Als Fotografin versuche ich schon im Vorgespräch und dann während der Fotosession auch die eine oder andere Schattierung der Persönlichkeit zu erkennen.
Möchte jemand wie eine andere Person – nämlich wie eine berühmte SchauspielerIn, SängerIn z.B. auszusehen, kriegen sie das mit einem Selfie wahrscheinlich besser hin als ich. Viele Fotoateliers haben dafür sogar eine Garderobe an Accessoires bereit für sie.
Das ist nicht mein Fachgebiet, es sei sie sind SchauspielerIn oder KünstlerIn und brauchen Fotografien für ihr Portfolio.
Für private Porträtfotografien hat es sich als nützlich erwiesen, einen Ort für die Fotosession auszuwählen, der mit ihnen in Verbindung steht, ob im Freien oder in ihrem Haus.
Ein gutes Beispiel finden sie in dem Fotoauftrag für den Literaturhaus Kalender 2000, für den ich 52 SchriftstellerInnen an einem Ort ihrer Wahl traf und analog auf 24×36 Film fotografierte. Manche hatten dafür eine viertel Stunde eingeplant, waren wortkarg und hatten schon den bevorzugten Gesichtsausdruck mitgebracht. Da hätte auch ein Passbildautomat den Job erledigen können, aber ich bin ja keiner und so versuchte ich beide „Ansichten“ in die Kamera zu bringen. Die meisten nahmen sich aber eine Stunde oder mehr Zeit und das war gut so und auch vergnüglicher.
Normalerweise ist die Fotosession erfolgreicher, wenn es eine freundliche und vertrauensvolle Beziehung gibt.
Methode
Ich bevorzuge natürliches Licht, auch in Innenräumen, fotografiere möglichst ohne extra Fotolampen, gelegentlich mit einem Reflektor. Mehrheitlich ist es für die fotografierte Person ohnehin angenehmer, nicht hell angestrahlt zu werden.
Auch „photoshope“ ich nicht aalglatt, sondern entferne hauptsächlich vorübergehende Hautunreinheiten. Falten weichzeichne und retuschiere ich sparsam oder gar nicht.
Falten schreiben die bewegte Lebensgeschichte ins Gesicht und auf den Körper. Insofern sind es gerade die Falten, die Persönlichkeit sichtbar formen – sollte man diese sichtbar machen wollen.
Ich jedenfalls finde Falten ohnehin schön.
Oft braucht es ausreichend Zeit, bis man sich von dem unangenehm anstarrenden Objektiv trennt und sich entspannt auf das Spiel im Mittelpunkt zu stehen einlassen kann. Im wertfreien Geben und Nehmen entsteht eine Serie von Fotografien, in denen man sich gefällt, wiedererkennt und möglicherweise auch noch unbekannte Seiten von sich entdecken kann.
Gedanken über das Porträt
Ein fotografisches Porträt kann die Vielseitigkeit einer Person weniger gut abbilden wie ein gemaltes Porträt, wo der Pinsel viele Facetten der Persönlichkeit in einem Gemälde darstellen kann, die überwiegend nur mittels einer Fotoserie sichtbar werden können.
Vergleichbar ist jedoch der Blick der Fotografin auf die Person. Die Fotografin wie die Malerin produzieren ein Bild von einer mehr oder weniger unbekannten Person. Das Ergebnis, das Bild oder die Fotografie, sagt deswegen auch etwas über die Persönlichkeit der Fotografin und der Malerin aus. Manchmal allerdings sehr wenig über die porträtierte Person.
Im Selfie produziere ich kontrolliert ein bestimmtes Bild von mir im kreativen Akt tausendfach möglicher Selbstdarstellung, Identitätswechsel oder ganz persönlichen Gemütszuständen. Meiner Meinung nach eine neue Kunstform. Mein Blick auf mich. Eine Art der Selbstermächtigung. Es gehört zu seinen Persönlichkeitsrechten, sein Bild zu veräußern. Sein Äußeres im Internet vor allem zu veräußern.
Ich denke, Selfies haben neues Genre geschaffen.
Die FotografIn hat einen Außenblick auf Distanz auf die Porträtierte.
Mit einer einzigen Fotografie ein „Porträt“ zu schaffen, das die Persönlichkeit ein wenig trifft, ist bestimmt nicht einfach. Wie beim Selfie gestaltet die Porträtierte dabei natürlich auch mit. Ich lasse das gerne zu, ja mehr, ich bestärke das Mitspielen und Mitgestalten. Als aufmerksame Fotografin finde ich trotzdem auch noch den weniger kontrollierten Ausdruck.
Wenn der Ausdruck, die Pose Teil einer Inszenierung ist oder auch nur ganz privat ein Spiel der (Selbst)Darstellung, wird es künstlerische Performance (siehe Judith Klemenc). Auch das ist Teil des vielseitigen Menschen.
Sie haben bestimmt auch schon festgestellt, dass der Wohnraum, der Schreibtisch, der Garten et., jeder Ort, wo eine Person viel Zeit verbringt, mehr über sie erzählen kann, als ihr in einer hundertstel Sekunde isolierter Gesichtsausdruck.